Kamtschatka Juli 2014

Diesmal ging es für mich nach Камчатка (Kamtschatka), wenn ich jemanden über dieses Gebiet bisher erzählte erntete ich immer wieder fragende Blicke. Es scheint ein vergessener Ort auf unserem Planeten zu sein.

KarteKamtschatka liegt im Osten Russlands, 11 Zeitzonen und über 8 000 km von Deutschland entfernt. Die Halbinsel liegt direkt auf dem Pazifischen Feuerring und ist mit 29 aktiven Vulkanen eine der aktivsten Region der Erde. Seit 1996 ist die Vulkan-Region von Kamtschatka UNESCO Weltnaturerbe. Umschlossen wird die Halbinsel von Beringmeer dem Pazifischen Ozean und dem Ochotskisches Meer.

Der Pazifische Feuerring ist eine der gefährlichsten und atemberaubendsten Regionen der Erde. Dreiviertel unserer aktiven und erloschenen Vulkane befinden sich auf diesem Ring. Dieser erstreckt sich 40 000 km rund um den Pazifik. 90 % aller Erdbeben ereignen sich hier.

Erst seit 1990 ist es wieder möglich nach Kamtschatka zu reisen. Davor war das gesamte Gebiet russisches militärisches Sperrgebiet und für Touristen verboten.

Die Halbinsel hat eine Länge von 1 200 km (etwa die Entfernung von Berlin bis Rom). Eine Straße auf die Halbinsel gibt es bis heute nicht, daher nur per Luft- oder Wasserweg zu erreichen. In der Region Kamtschatka leben ca. 320 000 Einwohner etwa die Hälfte davon im Verwaltungszentrum Petropawlowsk-Kamtschatski.

Meine Reise begann am 31.07.2014 mit dem Flug von Frankfurt über Kopenhagen und Moskau nach Petropawlowsk-Kamtschatski. In Summe kommt man dann so auf 12 Stunden Flugzeit. Nach der Ankunft blieb erst mal Zeit für Besorgungen und um sich etwas in der Stadt umzusehen. Die weiterreise zum Kurilensee verzögerte sich etwas. Aufgrund von schlechtem Wetter konnte der Hubschrauber, mit dem wir weiterreisen wollten nicht starten. Mit einem Ausflug ans Meer, genauer gesagt ans Beringmeer, wurde die Wartezeit überbrückt.

Am nächsten Tag war es dann endlich soweit. Der Hubschrauber ein russischer Transporthubschrauber vom Typ Mil Mi-8 bracht uns zu unserem ersten Ziel auf unserer Reise. Nach etwa 70 Minuten hatten wir die 200 km zum Kurilensee hinter uns gebracht. Beim Flug konnten man auch einige Blicke durch die Wolkenlücken auf die spannende Landschaft werfen und natürlich auch fotografieren. Kaum hatten wir das Gebiet um Petropawlowsk verlassen, waren auch nahezu keine Straßen oder Häuser mehr zu sehen.

Direkt beim Überflug des Kurilensees konnten wir am Strand die ersten Bären ausmachen. Nach der Landung wurde der Hubschrauber entladen und die Zelte im Camp bezogen. Das Camp war mit einem Elektrozaun geschützt und dies nicht ohne Grund. Direkt um das Camp herum hielten sich schon einige Bären auf, die sich vom Betrieb des Camps nicht stören ließen.

Die Kamtschatka Braunbären sind mit einer Körperlänge bis zu 2,5 m und 600 kg Gewicht, die größten Braunbären der Welt. Bedroht werden diese wundervollen Tiere durch illegale Jagd. Leider gibt es Menschen, für die es ein Vergnügen ist, Tiere zu töten. Daher ist es so wichtig, dass die Bären hier von den Inspektoren beschützt werden.

Bereits kurz nach der Ankunft ging es mit einem kleinen Boot mit Außenbordmotor über den See. Nach einer holprigen Fahrt über den See stoppt unser Führer das Boot dicht am Strand und ich staunte. Ich sah mich einer großen Gruppe Bären gegenüber, von den ganz kleinen aus diesem Jahr, bis hin zu großen kräftigen Männchen. Alle waren sie damit beschäftigt die Lachse zu fangen und sie sich schmecken zu lassen. Im Wasser wimmelt es richtig vor Lachsen. Ich war schwer beeindruckt und eine Zeitlang war ich nur mit staunen beschäftigt und vergaß fast das fotografieren. Erst später erfuhr ich, die Hauptzeit der Lachse war zu diesem Zeitpunkt schon fast vorbei. Es müssen Millionen von Lachse sein die sich hier zum Laichen versammeln. Mit dem Boot kamen wir sehr nah an den Bären heran und vom Wasser aus hatte man eine sehr schöne Perspektive zum Fotografieren. Auch wenn teilweiser Regen und das Schaukeln es nicht einfach machten.

Am folgenden Tag ging es wieder mit dem Boot über den See, diesmal zu einem anderen Platz. Hier konnten wir an Land zu einem zweistöckigen Käfig gehen. Der Käfig war aber nicht etwa für Bären gedacht, sondern für die Menschen. Hier waren kaum Lachse zu sehen und daher ließ sich nur vereinzelt mal ein Bär sehen. Das Wetter war recht schlecht regen und Wind machten es ungemütlich und schwer die Kamera trocken zu halten. Daher legten wir eine Pause im Camp ein und erst als der Regen nachgelassen hatte, ging es wieder mit dem Boot raus auf den See und zu dem Ufer an dem wir am ersten Tag die vielen Bären gesehen hatten. Nur diesmal hielt das Boot nicht dicht vor dem Ufer, sondern wir gingen an Land. Erstaunt stand ich kurz darauf am Strand und um mich herum waren die Bären. Selbst Mütter, mit den ganz kleinen ließen sich von uns nicht stören. Es zeigte sich, die Bären haben hier nahezu keine Scheu vor den Menschen. Es ist das Revier der Bären und die Menschen werde hier von ihnen in ihrer unmittelbaren Nähe geduldet. Leider kam der Wind und Regen wieder zurück und es ging zurück ins Camp um Kameraausrüstung und sich selbst wieder trocken zu bekommen.

Zwei weitere Tage folgten, die wir an diesem Strand verbrachten. An diesen Tagen hatten wir auch Sonne und es war das reinste Vergnügen dort zu sein. Umringt von den Bären, teilweise um die 20 Bären die sich in unmittelbarer Nähe aufhielten. Die kleinen am Spielen und die älteren am Lachse fangen und genüsslich verzehren. Die Mütter versorgten ihre kleinen, die wartend am Ufer standen, mit frischem Lachs. Teilweise im Wasser treibend oder doch lieber im angrenzenden Wald zurückgezogen, verzehrten die Bären den Lachs. Man hörte immer wieder das Krachen, wenn das starke Gebiss der Bären in den Lachs hinein biss. Dabei sah man den Rogen regelrecht aus den Fischen herausspritzen. Ein besonderes Erlebnis war es zu sehen, wie die kleinen Bären von der Mutter gesäugt wurden. Auch dies passierte in unserer unmittelbaren Nähe. Für mich ein Beweis, dass sich die Bären nicht wirklich von uns gestört fühlten.

Viel zu schnell ging die Zeit hier am Kurilensees vorbei. Doch bevor es mit dem Hubschrauber zurück gehen sollte, gab es nochmal die Gelegenheit mit den Booten auf den See hinaus zu fahren. Die Gelegenheit nutze ich natürlich sehr gerne. Diesmal ging es an eine anderes Ufer am See. Ein Flusslauf mit bewaldetem Ufer und auch hier waren viele Bären anzutreffen. In der tollen Kulisse ließ es sich wunderbar beobachten wie die Bären durchs Wasser rannten und beim Jagen nach den Lachsen ins Wasser sprangen. Meine hohen Gummistiefel waren auch hier sehr nützlich, so konnte ich im Wasser stehend tolle Bilder der Bären aus unmittelbarer Nähe machen.

Das nächste Ziel war eine Hochebene vor dem Vulkan Толбачик (Tolbatschik). Zuerst ging es mit dem Hubschrauber zurück nach Petropawlowsk, um dann am nächsten Tag die 500 km in einer 12 Stunden Fahrt mit dem LKW zurückzulegen. Die nahezu einzige Straße, die von Nord nach Süden führt und damit auch die Hauptverbindungßtrecke ist, war am Anfang noch eine geteerte Straße, die schon bald zu einer breiten Schotterpiste wurde. Die letzten 25 km hatten es besonders in sich. Hier mag ich nicht mehr von einer Straße sprechen auch die Bezeichnung Weg wäre hier übertrieben. Es ging auf einem sehr holprigen und engen Pfad durch den Wald und hinauf auf die Hochebene. Da wurde man schon ordentlich durchgeschüttelt.

Der letzte Ausbruch des Tolbatschik war im Dezember 2012. Also noch gar nicht so lange her. Auf dieser Seite des Vulkans war davon aber nichts zu erkennen. Auf dem Weg zum Camp haben wir 3 Bären gesichtet. Spätestens jetzt wurde mir klar, warum man hier von der höchsten Bärendichte weltweit spricht. Am Kurilensees ist es offensichtlich warum sich dort so viele Tiere aufhalten. Die erfreuen sich dort an dem reichlichen Angebot an Lachsen. Aber hier oben ist es schon erstaunlich gleich 3 Tiere zu sehen. Trotzdem schläft es sich sehr gut hier oben im Zelt auf 1 200 m. Das Wetter bleibt trüb und regnerisch, aber es gab schöne Sonnenuntergänge. Rund um unser Camp hatten auch Ziesel ihr Zuhause. Es machte sehr viel Spaß diese lustigen kleinen Nager zu beobachten. Wenn man sich ruhig verhielt, kam man erstaunlich nahe an sie heran. Doch bei der ersten schnellen Bewegung waren sie dann auch flink in ihren Höhlen verschwunden. Der Boden ist überwiegend von Moosen und Flechten überzogen dazwischen schaut das Vulkangestein hervor.

Weiter ging auf die andere Seite des Tolbatschik. Eine Fahrt von 8 Stunden für etwa 100 km. Zuerst den Weg, den wir Tage zuvor auf die Hochebene genommen hatten wieder zurück und dann weiter auf einer noch wilderen Strecke, auf der wir auch einen Fluss durchqueren mussten. Hier musste unser 3 achsiger LKW vom Typ Kamaz einiges leisten. Aber unser Fahrer hatte ihn bestens im Griff und brachte uns sicher ans Ziel. Ich sah mich hier in einer völlig anderen Welt wieder. Teilweise fühlte ich mich an Bilder vom Mars erinnert. Es war eine Reise zurück an die Anfänge unseres Planeten. Die Spuren des letzten Vulkanausbruches waren hier überdeutlich zu sehen. Unser Camp lag in einer Lavasand Wüste aus tiefschwarzem Sand.

Nicht weit entfernt vom Camp lag der Tote Wald. Vom letzen Ausbruch völlig verbrannt und zerstört kam so langsam das Leben zurück und zauberte ein fantastisches Farbenspiel von Schwarz und Grün in die Landschaft. Die verbrannten Bäume standen wie skurrile Skulpturen in der weiten Ebene. Die Lavafelder hingegen waren völlig tot. Aus einigen Spalten und Fumarolen stieg heißer Dampf auf. Je höher man auf dem Vulkan kam, umso farbiger wurde es. Die Schwarze Lava wurde von rotem Gestein durchzogen und vom gelb leuchtendem Schwefel überzogen. Schwefeldämpfe stiegen einem in die Nase. Der Blick in den Krater erinnerte mich an Beschreibungen vom Tor zur Hölle. Teilweise waren die erkalteten Lavaschichten nicht wirklich dick, die sich über Hohlräume spannten. Ein einbrechen wäre hier nicht wirklich gesund, denn darunter befand sich immer noch glühende Lava. Bei genauerem Hinsehen entdeckten wir Spalten in denen diese glühende Lava zu sehen war.

Viel zu schnell ging diese Expedition zu Ende. Es viel mir sehr schwer Abschied zu nehmen. Kamtschatka bleibt für mich als ein höllisches Paradies in Erinnerung. Hier liegen Hölle und Paradies so dicht beieinander.

Mein Dank geht an Denis Budkov und Dionys Moser von fotoreisen.ch für die perfekte Organisation und Unterstützung und herzliche Grüße an eine tolle Gruppe, mit der ich unterwegs sein durfte.

Meine verwendete Technik, Nikon D800 und D5000 mit AF-S Nikkor 24-70 mm f/2.8G ED, Walimex Pro 14 mm f/2,8. AF-S Nikkor 70-200 mm f/2.8G ED VRII und AF-S Teleconverter TC-20E III.